Die Konzeption der Risikogesellschaft in ihren Kernthesen
By Thomas Koch
- Release Date: 2009-03-16
- Genre: Sociology
Die Konzeption der Risikogesellschaft von Ulrich Beck erscheint 1986 erstmals mit dem
Untertitel „Auf dem Weg in eine andere Moderne“. In diesem Werk nähert sich der Autor
der modernen Gesellschaft analytisch auf neue Weise an, indem er sie als zunehmend
reflexiv in ihren Denk- und Handlungsmustern begreift. Es ist der Weg in eine andere
Moderne, der ihn beschäftigt, der Abschied von der ersten Moderne, die in Gestalt der
Industrie- und Klassengesellschaft das Bewusstsein bestimmt. Die zweite, die andere
Moderne kennt Risiken in bislang unbekannter Dimension, neue Unsicherheiten durch „die
Erfahrung eines beschleunigten Strukturwandels“ (Bonß, 2000, 25).
Die Analyse der Gesellschaft zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts baut Beck auf breiter
Grundlage auf. Es entsteht dabei das Bild einer „noch weitgehend unbegriffene[n] Epoche
des Industrialismus“ (Beck, 1991, 98), das vor allem die Dimension der ökologischen Risiken
und Gefahren durch technisch-wissenschaftliche Entwicklungen der Moderne in die Analyse
der Gesellschaft einbezieht.
Der technologisch-ökologischen Seite des Fortschritts und der damit verbundenen Risiken
widmet er weite Teile seines Werkes, das durch den zeitnahen Reaktorunfall von
Tschernobyl ungeahnte Aktualität erfährt. Ökologie und Technologie beschäftigen Beck und
in der Auseinandersetzung mit diesen Themen nimmt sein Werk bisweilen fortschritts- und
wissenschaftskritische Züge an.
Am stärksten greifen die neuen Unsicherheiten der zweiten Moderne auf das Individuum
über und bestimmen alle Bereiche seiner Lebenswelt. Die „Erosion, Verflüssigung und
Auflösung tradierter Bindungen“ (Bonß, 2000, 27), die neue Suche nach Identität und die
damit verbundene Umdeutung sozialer Strukturen „[j]enseits von Klasse und Schicht“ (Beck,
1986, 121) kennzeichnen die Biografien der reflexiven Moderne.
Risikogesellschaft wird so zu einem allumfassenden Phänomen, das Individuen wie
Institutionen erfasst und etablierte Denk- und Funktionsweisen der Gesellschaft in Frage
stellt. Damit wandeln sich auch Bedeutung und Inhalt von Politik, entsteht eine eigenartige
Verschiebung politischer Einflusssphären und Kompetenzen – weg vom Zentrum und von
den Rändern, hin zu etwas Neuem, einem Raum der „Subpolitik“ (Ebd., 304).